Muttertag im Kindergarten?

„In drei Wochen ist Muttertag. Was schenken wir in diesem Jahr? Hat jemand eine Idee?“ … so oder ähnlich laufen so manche Teamgespräche ab, wenn es an die Planung für den alljährlichen Muttertag geht. Ist eine Idee gefunden, wird alles organisiert und das Material vorbereitet. In den nächsten Wochen werden mit den Kindern die Geschenke gebastelt, damit am Muttertags-Sonntag das Kind ein Geschenk für seine Mama hat.

Aber ist das Aufgabe der KiTa dafür zu sorgen, dass jedes Kind am Sonntag ein Geschenk für seine Mama zum Muttertag hat?

Es gibt viele Gründe, die dagegensprechen:

Die ganz Kleinen wissen gar nicht, dass es einen Muttertag zum „Danke“ sagen gibt und zum größten Teil ist es dann die pädagogische Fachkraft, die das Geschenk bastelt oder zumindest fertig stellt.

Nicht immer sind alle Kinder in diesen Geschenke-Basteln-Wochen da oder werden plötzlich krank. Was wird mit diesen Kindern? Sie können auf der Liste nicht unter dem Punkt „Geschenk fertig“ abgehakt werden. Auch ist es nicht Sinn und Zweck eines individuellen Geschenkes, dass dies andere Kinder oder gar die pädagogische Fachkraft für das fehlende Kind bastelt.

Wenn die KiTas mit den Vorbereitungen für den Muttertag beginnen, ist meist bei den Kindern das Thema noch gar nicht präsent. Für manches Kind wird es auch nie präsent sein, weil es vielleicht bei den Großeltern lebt oder die Mama weit weg wohnt oder vielleicht sogar schon verstorben ist. Es ist nicht das Gleiche für ein Kind, ein Geschenk, das unter dem Thema „Muttertag“ gebastelt wurde, der Oma oder einer Tante zu schenken. Manche Kinder sehen die Mama vielleicht gar nicht am Muttertags-Sonntag, weil gerade Papa-Wochenende ist.

Ich möchte den Gedanken, ein Geschenk als Dankeschön für eine Person zu basteln, nicht vernichten. Sich für etwas mit einem kleinen Geschenk oder einer Überraschung zu bedanken, ist für alle Beteiligten ein wunderschönes Gefühl. Aber es sollte bei jedem ein Selbstauslöser sein – das ganze Jahr lang. Als meine Kinder vor vielen Jahren mich am Muttertag mit einem Geschenk aus der KiTa überrascht haben, habe ich mich natürlich sehr gefreut. Und ich weiß auch, dass sich die meisten Mamas heute auch darüber freuen. Ich möchte diese Idee der Anerkennung auch nicht verwerfen – mir geht es nur um die Herangehensweise in der KiTa und auch um die Erwartungshaltung mancher Eltern. Es geht mir darum, dass sich die Familienformen verändert haben und deshalb der Anspruch, dass die KiTa zum Muttertag für das Geschenk verantwortlich ist, weit überholt ist – vor allem im Sinne der Kinder.

Wenn die Großen in der KiTa den Wunsch äußern, dass sie der Mama etwas zum Muttertag schenken wollen (weil sie vielleicht in den Medien oder Familie oder anderen Kindern aufgeschnappt haben, dass bald Muttertag ist), dann sollen sie dies natürlich tun dürfen. Dann kann man den Kindern kleine verschiedene Ideenimpulse schenken und mit ihnen das nötige Material zusammensammeln. So wie wir es auch möglich machen, wenn Kinder etwas zum Geburtstag von Mama, Papa, Oma, Opa und anderen Familienmitgliedern machen wollen. Da kommt der Impuls dazu auch vom jeweiligen Kind.

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Familien- und Lebensformen verändert. Wenn wir uns in der Welt, in der unmittelbaren Nachbarschaft, ja sogar in den Familien der KiTa-Kinder umsehen, erkennen wir, dass es die Konstellation „Mama, Papa, Kind(er)“ zunehmend seltener gibt. Die Kinder leben in Patchwork-Familien, Regenbogen-Familien, allein bei Mama oder Papa, im Wechselmodell, bei den Großeltern etc. Ich denke, dass diese Veränderungen auch in den KiTas von den pädagogischen Fachkräften, aber auch von den Eltern wahrgenommen werden sollten. Wir entfernen uns von klassischen Inhalten, Formen und den von uns geschaffenen Idealen. Es ist Zeit, die Veränderungen zu erkennen, zu akzeptieren und dem KiTa-Alltag anzupassen – wir brauchen keine von den pädagogischen Fachkräften durchgesetzten Geschenke mehr zu Muttertag, sondern Inhalte, die der gesamten Familie gelten.

Warum nicht den Monat Mai in jedem Jahr zum Familienmonat machen? Warum nicht in diesem Familienmonat mit den Familien gemeinsame Erlebnisse schaffen? Gemeinsames Plaudern bei Kaffee, Tee und Kuchen; ein gemeinsames Fußballspiel organisieren; die erste Bratwurst zum Mittag in der KiTa grillen; gemeinsam frühstücken; am Vormittag zusammenspielen; zusammen singen; spazieren gehen etc.

Dabei geht es nicht darum, dass immer alle aus der Familie an jedem Erlebnis dabei sind. Soviel Platz hat keine KiTa 😉 Es geht darum, dass jede Familie eine Möglichkeit findet, sich in einer Form zu beteiligen bzw. dabei zu sein. Je mehr Angebote es in diesem Monat gibt, desto mehr Möglichkeiten hat jeder, sich mal einen Tag zum Dabeisein einzurichten. Auch bei all den Vorbereitungen und Organisationen werden die Familien mit einbezogen. Schon dabei sind die meisten vor Ort in der KiTa und das dazugehörige Kind ist glücklich und stolz 🙂 Mamas, Papas, Großeltern, Tanten … jedes Kind hat seine eigene individuelle Familie und es ist egal, wer sich aus der Familie wie oft beteiligt.

Ein Höhepunkt in diesem Familienmonat kann auch ein Familienfest sein – mit Bastelideen, Malstationen, Blumen pflücken, Holzarbeiten … In vielen Familien stecken Talente, die dafür genutzt werden können und je bunter die Familien sind, desto bunter wird das Fest 😉 Wenn die Angebote bunt gemischt sind und es nicht festgeschrieben ist, wer aus der Familie dabei sein „darf“ (denn auch Mamas oder Opas können Fußball spielen 😉 ), dann fühlt sich kein Kind traurig, das vielleicht zu Hause keinen Papa oder zwei Mamas oder auch „nur“ Großeltern hat. Es ist jemand aus der Familie da – keiner spürt eine Benachteiligung oder gar einen Verlust.

Die aktuelle Lage aufgrund der Corona-Pandemie macht diese ganzen Ideen natürlich momentan nicht möglich. Die Schließung der Einrichtungen und der eingeschränkte Regelbetrieb fordern alle Beteiligten heraus und machen persönliche Erlebnisse und den Austausch kaum möglich. Auch wird es immer wieder Situationen geben, in denen die Familien und die KiTa nicht voll umfänglich zusammen sein können.

Neue Ideen sind gefragt …

Zum Beispiel kann Familienpost gefüllt mit Rezepten zum gemeinsamen Kochen und Backen, mit Familiengeschichten oder kleinen Spielen für alle per Post oder per Mail versandt werden. Sind die Kinder in der KiTa sollte dies natürlich persönlich mitgeben werden. Ein paar anerkennende und dankende Worte dazu und schon ist die Überraschung für die Familie perfekt.

Ein bunt bemalter Stein wandert mit den Kindern auch gern nach Hause in den Garten oder auf den Küchentisch – für die ganze Familie.

Aber was machen wir nun mit dem Muttertag – jedes Jahr am zweiten Sonntag im Mai? Dieser Tag wird überall gefeiert und ist der Tag zum „Danke“ sagen für all die Zeit, Mühen und Freuden, die eine Mama jederzeit schenkt. Ich würde sagen: Papas und Familien an die Macht 😉 Gestaltet mit eurem Kind ein Bild für die Mama, kauft einen Blumenstrauß, überrascht die Mama mit einem tollen Frühstück am Sonntagmorgen – auch ein selbst gebackener Kuchen oder ein Lied/Gedicht für Mama … machen Freude (auf beiden Seiten). Es muss nicht immer ein großes Geschenk sein. Eine kleine Geste mit einer dicken Umarmung und dem kleinen großen Wörtchen „Danke“ hat unschätzbaren Wert.

Und – in einigen Tagen nach dem Muttertag hat der Papa den gleichen Anspruch auf eine Überraschung zum Vatertag 😉

Und wem solche besonderen Tage zum „Danke“ sagen wichtig sind: jedes Jahr am 12. November ist Oma-Opa-Tag 😉

Heike von

Nun noch zwei Ideen, die auf die eigene individuelle Familie angepasst und auch umgedichtet werden können 🙂

 

 

Heike Frommer_Faszination-Erzieherin_Vorlage Blume

 

Hier einige Ideen für Bücher und Geschichten zum Thema Familie

https://geschichtenwolke.de/2020/01/29/bilderbuecher-zum-thema-familie/

Viel Spaß und Faszination 🙂

 

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